Julia
Julia, 24 Jahre,
Textilbetriebswirtin, 2. Storemanagerin, Diesel-Flagship-Store München.
Sie hat 2006 an der Talenteschmiede teilgenommen.
Was machst Du zur Zeit?
Ich bin 2. Storemanagerin des Diesel Flagship Stores in München. Eine der jüngsten Storemanager bei Diesel und es gefällt mir gut, weil man sehr gefördert wird und viel mitbekommt. Studiert habe ich Textilmanagement an der LDT Nagold – ein BWL Studium mit der Fachrichtung Textilien und mich schon während der letzten Phase meines Studiums für diese Stelle beworben. Die Schule hat einen guten Ruf – direkt nach dem Abschluss so eine Position zu bekommen, ist nicht die Regel. Am Anfang war es in der Tat nicht so einfach, als Jungspund hier anzutreten und außerdem noch als Frau – es arbeiten weitaus mehr Männer hier – und dann zu sagen: »Ihr arbeitet zwar schon sieben Jahre hier, aber jetzt macht ihr das bitte mal so, wie ich es will«. Das, was wir an der LDT gelernt haben, war da sehr hilfreich, weil ich in solchen Situationen einfach durch mein Wissen punkten konnte. Meine Mitarbeiter haben relativ schnell gemerkt, dass ich nicht so eine Tante bin, die sich hier wichtig macht, sondern dass ich tatsächlich was drauf habe. Meine Aufgaben bestehen unter anderem aus der Budgetplanung, die an den Zahlen, die wir von unserem Headquarter in Düsseldorf als Zielvorgaben bekommen, ausgerichtet sind. Das bespreche ich dann mit dem Team, informiere sie über interne Contests und stelle ihnen die neue Kollektion vor. Die ganze Flächeneinteilung gehört auch zu meinen Aufgaben, ich bin also eher administrativ tätig. Manchmal bekommen wir auch hohen Besuch aus Italien (Diesel ist ja eine italienische Firma), die sich unseren Store anschauen und hinterher meist einige Änderungswünsche haben. Wir sind hier der Imageträger für ganz Deutschland, darum muss hier alles perfekt sein. Die Marke wird zur Zeit in den Medien total gepusht und ich bin überzeugt, dass die Marke noch viel Potenzial hat. Es ist eine tolle Marke und eine coole Firma. Viele Mitarbeiter sind gepierct oder tätowiert, es ist nicht so etepetete, sondern sehr lässig. Im Berliner Store gibt es richtig derbe Typen. In München haben wir natürlich eine andere Klientel, als in Berlin, z.B. viele FC Bayern Spieler. Um die V.I.P.s müssen sich dann die Storemanager selbst kümmern, die müssen dann auch ein bisschen abgeschirmt werden.
Womit beschäftigst Du Dich am liebsten, wenn Du frei hast?
Meine Freundinnen treffen, bummeln, ausgehen, im Café sitzen oder im Park liegen.
Was hast Du in nächster Zeit für Pläne?
Die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre will ich mich auf meine Karriere konzentrieren. Der Einkauf ist ein Bereich, der mich sehr interessiert. Ich möchte nicht all zu lange im Einzelhandel bleiben, für mich ist das eher eine Erfahrung, die dazu gehört und mir später nutzen wird. Ich kann mir gut vorstellen im Einkauf tätig zu sein, am liebsten für eine skandinavische Firma. Der Norden zieht mich an – da würde ich auch gerne leben.
Wie würdest Du Dich selbst beschreiben? Was für ein Mensch bist Du?
Meine Freundschaften sind mir sehr wichtig, von klein auf und die pflege ich auch sehr. Da merkt man mein Talent Bindungsfähigkeit. Ich bin ein ehrlicher Mensch, zu dem man auch mit seinen Sorgen kommen kann und der ein offenes Ohr für den anderen hat. Ich muss oft Seelen wieder zusammenflicken, das war schon in der Familie so. Das belastet mich auch manchmal. Humorvoll bin ich auch – zumindest sagt man mir das – und oft sogar ein Entertainer.
Du hast 2006 an einem Seminar der Talenteschmiede teilgenommen. Wie hast Du das Seminar erlebt?
Das war richtig schön und hat es hat mir wirklich viel gebracht herauszufinden, was für ein Mensch ich bin. Im Nachhinein sehe ich das sehr deutlich. Es hat mir geholfen, meine Talente zu erfahren und was sie im Einzelnen bedeuten. Zum Beispiel habe ich »Höchstleistung« auf Platz eins. Das heißt nicht, dass ich immer eine Perfektionistin bin, aber wenn mir etwas wichtig ist, bin ich es schon. Manchmal ist es aber auch ein nerviges Talent, weil man sich mit manchen Dingen zu lange aufhält. An der LDT habe ich einem Lehrer von dem Seminar erzählt und von meinen Talenten. Er hat mir geraten zu lernen, mit 95% zufrieden zu sein, weil ich sonst in ein paar Jahren ein Burnout haben könnte. Und ich glaube, da ist was dran.
Beschreib mir, was das Entdecken deiner Talente bei Dir ausgelöst hat. Was bedeutet es für Dich, Dir Deiner Talente bewusst zu sein?
Ich bin achtsamer in dem, was ich tue. Die »Höchstleistung« macht mich oft ungeduldig, was dazu führt, dass man immer alles selbst machen will, weil die anderen zu lange brauchen. In meiner Position geht es aber auch darum, zu delegieren und Aufgaben abzugeben, weil man sich sonst totmacht. Ganz bewusst bremse ich mich dann aus und lasse den anderen ihren Rhythmus.
Welches Talent ist für Dich besonders wichtig?
Ich finde meine »Bindungsfähigkeit« so schön, aber auch »Höchstleistung« und »Intellekt«. In meinen Bewerbungsunterlagen schreibe ich meine Haupt-Talente auch immer rein und da sind diese beiden bestimmt nützlich.
Wie hast Du die Erfahrungen aus dem Seminar weitergegeben, z.B. an Freunde, Familie, Lehrer etc.?
Ich habe es vielen Leuten empfohlen und tue das auch heute noch. Für jeden wäre es hilfreich.
Wie gehst Du seither mit Deinen Stärken und Schwächen um?
Mein Handeln in bestimmten Situationen kann ich besser analysieren, weil ich meine Stärken und Schwächen kenne. Ganz kann man seine Schwächen nicht ausblenden, aber mein Fokus geht schon viel mehr auf meine Stärken.
Wie haben sich diese Erkenntnisse auf Deine Berufswahl ausgewirkt? Gab es ein »vor dem Seminar« und ein »nach dem Seminar«?
Als Berufsvorschlag kam bei mir ja u.a. Regisseur raus. Damals habe ich das nicht ganz verstanden, weil für mich schon klar war, dass ich auf jeden Fall in die Modebranche will. Inzwischen sehe ich aber die Parallelen zu dem, was ich heute mache, ganz deutlich. Ein Manager führt in gewisser Weise Regie.
Hat sich seither etwas in deiner Wahrnehmung gegenüber Deinen Mitmenschen verändert?
Das würde ich schon sagen. Ich bin achtsamer und manchmal versuche ich auch meine Freunde zu analysieren.
Wie würdest Du, ganz allgemein, Deine Einstellung beschreiben?
Ich bin sehr motiviert und positiv, blicke nach vorne und genieße, was ich habe. Und ich habe mir ganz fest vorgenommen, die Dinge, auf die man Bock hat, einfach zu machen und nicht so zögerlich zu sein.
War Deine Einstellung auch mal anders, gab es da Veränderungen? Wodurch wurden die ausgelöst?
Es gab auch andere Zeiten, wo ich nicht so motiviert war, aber ein Miesepeter war ich nie. Ich glaube an den Spruch: »Jeder ist seines Glückes Schmied«.
Was kann Dich richtig begeistern?
Ein toller Film kann mich begeistern oder ein schöner Ausblick, wie neulich am Starnberger See. Da lag ich im Liegestuhl, hörte schöne Musik, die Sonne schien warm und ich dachte, dass ich jetzt gerade nirgendwo anders sein will als hier in diesem Stuhl. Solche Situationen können mich sehr begeistern, aber auch einfach ein Lied im Radio, das ein Glücksgefühl in mir auslöst. Aber auch im Job gibt es Momente, wo ich begeistert bin. Z.B. hat mich der oberste Chef gefragt, ob ich als Support eine Zeit lang nach Wien gehen wollte, um dort das Management zu schmeißen. Da dachte ich: »Wow! Meine Arbeit wird anerkannt!« Das ist ein tolles Gefühl.
Worauf freust Du Dich in nächster Zukunft am meisten?
Hamburg übt auf mich eine große Anziehungskraft aus und ich hoffe, dass ich da in den nächsten zwei bis drei Jahren leben werde. Ich habe mich sofort in diese Stadt verliebt. Mich zieht es in den Norden.
Wo möchtest Du in zehn Jahren stehen?
Da bin ich dann 34 Jahre alt. Oh Gott, da muss man ja dann schon fast an Familienplanung denken... Momentan kann ich mir das noch nicht vorstellen, aber in dem Alter möchte man vielleicht schon mal ein Kind haben. Beruflich stelle ich mir vor, dass ich in einer gehobenen Position bin mit einem Gehalt, das mir ein cooles Leben ermöglicht.
Vielleicht lebe ich sogar in Skandinavien oder Dänemark, das wäre natürlich der Oberhammer. Schon als kleines Mädchen habe ich immer gesagt, dass ich mal nach Dänemark ziehen werde. Ich mag die Holzhäuser mit den kleinen Lampen in jedem Fenster – so kuschelig. Und die Mädels mit ihren süßen Klamotten auf ihren Fahrrädern...
Was würdest Du sagen: Worauf kommt es an im Leben?
Soziale Kontakte sind extrem wichtig im Leben, Menschen, denen man vertrauen, mit denen man reden kann. Und dass man eine Aufgabe hat im Leben, einen guten Beruf hat und finanziell klarkommt. Wenn man abends im Bett liegt, sollte man ein gutes Gefühl haben, dass man was geschafft hat. Ich sehe das an meinen Freundinnen, die nach dem Studium noch keine Stelle gefunden haben, die sind schon richtig depressiv, haben gar keinen Lebenssinn.
Was gibst Du den Kids von heute mit auf den Weg?
Macht Eure Schule und nicht so viel Party! Ich weiß, das hört sich total doof an, aber das Wichtigste ist eine gute Ausbildung. Und was auch ganz wichtig ist, auf seine Begabung zu achten. Wenn jemand kreativ ist, dann muss er auch was kreatives machen und darf sich nicht in eine andere Richtung schieben lassen. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und bin stolz darauf.
Dein Motto?
»Jeder ist seines Glückes Schmied«. Das finde ich zur Zeit schon sehr passend. Es ist aber nicht so, dass ich diesen Spruch über dem Bett hängen habe oder ihn mir jeden Morgen als erstes vorsage. Aber ich gebe diese Botschaft vielen Leuten mit auf den Weg, wenn sie am Herumjammern sind.